Dingen auf der Spur: Geschichte erfahren

Projektpartner: Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora & Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen

Design Challenge: Gestaltet einen Online-Auftritts für die digitalen Sammlungen der Gedenkstätten Sachsenhausen und Buchenwald, der für alle Besucher:innen (insbesondere Jugendliche) zugänglich ist und die historischen Stätten und Ausstellungen mit einem virtuellen Lernerlebnis verbindet.

 

Dingen auf der Spur

 

Der Besuch eines ehemaligen Konzentrationslagers gehört für die meisten von uns zum Pflichtprogramm im Geschichtsunterricht während der Schulzeit. Damit verbunden ist für viele Schüler:innen eine Unsicherheit darüber, wie sie sich richtig auf einen Besuch vorbereiten können, wie sie sich an diesen Orten des Gedenkens verhalten sollen und wie sie ihre Erfahrungen im Nachhinein reflektieren können. Die Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und die Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen setzten hier mit einem pädagogischen Innovationsprojekt an.

Im Wintersemester 2021/22 erhielt eines unserer studentischen Design Thinking-Teams die Design Herausforderung einen Online-Auftritt für die digitalen Sammlungen der Gedenkstätten zu entwickeln. Dieser sollte vor allem für junge Besucher:innen eine erlebnisorientierte Verbindung zwischen den historischen Stätten, den Ausstellungen und einer virtuellen Erfahrung herstellen.

Das Studierendenteam startete in den Design Thinking-Prozess mit einer tiefgründigen Recherche zu digitalen Sammlungen und Ausstellungen. Es analysierte insbesondere Merkmale von virtuellen Ausstellungen, die Besuche vor Ort ergänzen oder ersetzen sollten. Teil dieser Analyse war auch eine Immersion, ein Eintauchen, in die Ausstellungen mit einem Besuch der Gedenkstätten Buchenwald und Sachsenhausen.

Als weiteren zentralen Anteil der Phase „Verstehen“ führte das Team Interviews mit verschiedenen relevanten Zielgruppen, darunter Gedenkstätten-Guides, Lehrer:innen und Schüler:innen.

Ein besonderes Gespräch konnten die Studierenden mit dem Autor, Übersetzer, Journalisten und Shoah-Überlebenden Ivan Ivanji führen. Bei der Frage danach, welches Gefühl junge Menschen bei und nach einem Besuch der Gedenkstätten aus seiner Sicht haben sollten, überraschte er das Team mit einer sehr prägnanten Aussage: Vor allem Neugierde sollten junge Besucher:innen mitbringen. Das verdeutlichte dem Team, dass ihr Konzept unbedingt den Entdeckergeist der Jugendlichen fördern sollte, damit diese sich während ihres Aufenthalts in den Gedenkstätten nicht nur auf das Erledigen von Schulaufgaben konzentrieren.

Das Design Thinking-Team sortierte und clusterte die prägnantesten Aussagen der Interviews, Beobachtungen und Immersionserfahrungen ihrer Besuche und startete in die Ideenentwicklung mit klaren Zielen für ihre Lösung. Diese sollte interessensbasiert funktionieren, Neugierde fördern, Objekte mit Biografien realer Personen verknüpfen und Gamification-Elemente nutzen.

Basierend auf den Erkenntnissen entwickelte das Team verschiedene Ideen und Prototypen, für die sie in Test Sessions mit Schüler:innen wertvolles Feedback erhielten. Das final vorgestellte Konzept „Erinnerungsspuren“ ist eine auf die Bedürfnisse von Schüler:innen zugeschnittene App, die einen niedrigschwelligen Zugang zur Geschichte der Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen gibt. Mit der App können Schüler:innen sich auf einen Besuch in der Gedenkstätte vorbereiten und Objekte aus den Sammlungen der Gedenkstätte spielerisch-forschend erkunden.

Die App holt Schüler:innen auf ihrem jeweiligen Wissensstand und basierend auf ihren persönlichen Interessen ab. Das Team entschied sich dazu in der App mit digitalisierten Objekten biografische Geschichten zu erzählen. Beim Testen des Prototypen hatte sich gezeigt, dass dieser Ansatz am besten zu den Interessen der Schüler:innen passt.

Ausgehend von digitalen Objekten können Schüler:innen auf eine interaktive Lernreise gehen und spielerisch den historischen Weg einzelner Personen erforschen. Das hilft ihnen nicht nur bei der Vorbereitung, sondern strukturiert auch den Besuch der Gedenkstätten.

Nach einer Nutzungsrunde können Nutzer:innen ihre Lernerfahrungen diskutieren und vergleichen sowie digitale Objekte und zugehörige Biografien in einer persönlichen digitalen Objektbibliothek sammeln. Diese Objekte können neue Geschichten auslösen und laden zu weiteren Erkundungstouren ein.

Das von den Studierenden entwickelte Konzept, einschließlich eines Prototypen für die User Journey, wurde am Ende des Design Thinking-Prozesses zur Weiterentwicklung an die Projektpartner übergeben. Es war ein wertvoller Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung und Realisierung der App durch das Projektteam der Gedenkstätten und dem Designbüro Zum Kuckuck.

Seit dem Februar 2023 steht das Ergebnis in Form der Web-App „Dingen auf der Spur“ online. „Mit Dingen auf der Spur ist eine neue Möglichkeit entstanden, sich der Geschichte der Konzentrationslager digital anzunähern. Die Zusammenarbeit mit der HPI School of Design Thinking hat dazu wertvolle Impulse geliefert“, fasst Markus Wegewitz, Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, die Projektkollaboration zusammen.