Mit Lab Hive gemeinsam das Virus bekämpfen

Dem Aufruf der Bundesregierung nach digitalen und kreativen Lösungen für Herausforderungen in der Corona-Pandemie folgend, entwickelte HPI D-School Alumnus Johannes Richers als Teil eines interdisziplinären Teams die Diagnostikplattform LabHive mit. Dieses Netzwerk vereint die Erfassung, Bündelung und Vermittlung von Ressourcen, um Testkapazitäten zu erhöhen.
 

Diagnostiknetzwerk LabHive
Diagnostiknetzwerk LabHive


Die Notwendigkeit von neuen, digitalen Strategien für das öffentliche Gesundheitswesen wird im Kontext der globalen Pandemie noch deutlicher. LabHive macht es sich zur Aufgabe diese notwenigen Innovationsprozesse mithilfe von Design Thinking-Methoden umzusetzen. Im Gespräch erzählen HPI D-School Alumnus Johannes Richers und das Lab Hive Team mehr über ihre Arbeit unter dem Motto „Spread the test, beat the virus!“.

Das Innovationsprojekt LabHive hat sich aus zwei eigenständigen Projekten innerhalb des #WirVsVirus Hackathons der Bundesregierung herausgebildet. Welcher innovative Ansatz steckt hinter LabHive und inwiefern kommen Design Thinking-Strategien bei der Entwicklung zum Einsatz? Welche Vorteile hat die Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Team aus deiner Sicht?

Bei LabHive geht es darum, SARS-CoV-2 Testkapazitäten zu erhöhen und nutzbar zu machen. Das passiert durch Sichtbarmachen der Ressourcen und durch Vernetzen von Laboren. Zum Beispiel: Qualifiziertes Personal in der Umgebung, Geräte, Reagenzien, Material, all diese Ressourcen sollen sichtbar sein, damit Diagnostiklabore bei Bedarf mit wenigen Klicks in der kuratierten Datenbank Ressourcen lokalisieren und abrufen können. Im zweiten Schritt kann dann die Vermarktung von Überkapazität und eine Lastverteilung erfolgen. Öffentliche und private Einrichtungen mit Bedarf können Labore mit freien Kapazitäten sehen und im Falle von lokalen Hotspots Tests besser verteilen: Die Tests kommen also da an, wo sie gebraucht werden.

Design Thinking spielt bei uns eine zentrale Rolle. Wir arbeiten als interdisziplinäres Team in digitalen Räumen mit interaktiven Methoden und stellen die User ins Zentrum unserer Entwicklung. Wir stehen seit dem ersten Tag mit Personen an verschiedenen Punkten der Wertschöpfungskette im Kontakt. Die Usersicht ist für uns sowohl bei der Entwicklung, aber vor allem beim Testen von digitalen Prototypen entscheidend.
 

Johannes Richers von LabHive
Johannes Richers von LabHive


Die interdisziplinäre Zusammensetzung unseres Teams ist eine essenzielle Voraussetzung. Wir bewegen uns mit LabHive in einem Feld zwischen Diagnostik, Politik und Verwaltung, Akteuren der öffentlichen Gesundheit und der Bevölkerung. Um der Komplexität des Handlungsfeldes gerecht zu werden, sind unterschiedliche Sichtweisen und Expertisen notwendig. Zu unserem Team gehören Personen aus den Bereichen Wissenschaft, Medizin, Design, Software-Entwicklung und Datenschutz. Nur so haben wir Einblick in die Strukturen von Laboren und können die Bedürfnisse erfassen und einschätzen, welche Informationen relevant sind.

Gleichzeitig müssen wir herausfinden, wie die Plattform am besten aufgebaut und gestaltet werden kann und welche Elemente benötigt werden, um ein userfreundliches Design anzubieten. Das intuitive Navigieren auf der Plattform macht schlussendlich die Benutzung effizient und nur so ermöglicht die Lösung eine tatsächliche Entlastung für Labore. Zu guter Letzt ist Rechtsexpertise wichtig, also der sichere Umgang mit den Daten. Die interdisziplinäre Sicht ermöglicht, den Prozess von allen Seiten zu betrachten und von Beginn an im Blick zu behalten, was die User brauchen, hoffen und eventuell befürchten.

Die Interdisziplinarität ist außerdem Basis für die Umsetzung und Weiterentwicklung. Beginnend mit dem Verständnis, was in der Diagnostik gebraucht wird, wie viel Zeit für Ressourcensuche und -verteilung zur Verfügung steht, wer von wem kontaktiert werden sollte und möchte. Zur Beantwortung dieser Fragen braucht es Feedback von allen Ebenen, von Freiwilligen, von Forschenden aus Laboren, von Entscheidungstragenden aus Diagnostikeinrichtungen und nicht zuletzt aus den Politik- und Verwaltungsebenen.
 

LabHive Virussequenzierung


Ihr reagiert effektiv auf neuste Entwicklungen in der Pandemie und unterstützt nun auch das Robert-Koch-Institut bei der Virussequenzierung. Warum sind die Entwicklung digitaler Instrumente sowie Kooperationen und Ko-Kreationsprozesse für die Innovation des öffentlichen Gesundheitssystems so entscheidend?

Schnelligkeit ist entscheidend in der Pandemie. Oft gibt es nur ein schmales Zeitfenster von wenigen Tagen, um die Ausbreitung möglichst gering zu halten. Digitale Lösungen erlauben einerseits die Datenübermittlung in Echtzeit, so kann gegenseitiger Austausch schnell erfolgen, um Bedürfnisse zu vermitteln, und andererseits können digitale Lösungen schnell weiterentwickelt und angepasst werden. Beispiel Sequenzierung: Die Proben müssen schnell und effizient zu Laboren gelangen, die sequenzieren können. Die Frage ist also: Wer hat Kapazität, wer kann helfen und was muss im Labor bereitgestellt werden, um Daten zu verknüpfe? Welche neuen Varianten gibt es, auf die reagiert werden muss? Wie ist das Verbreitungsschema?

Analoge Tools sind schwerer zu koordinieren und kaum zu vernetzen, der Datenfluss ist langsam und damit kann das aktuelle Geschehen kaum abgebildet werden. Auf Basis des Lagebilds werden wichtige Entscheidungen getroffen, die eine große Tragweite für die Akteure im Öffentlichen Gesundheitswesen und für die Gesellschaft haben.

Lab Hive ist ein gutes Beispiel für den positiven Einfluss offener und sozialer Innovation. Warum sind soziale Innovationsprojekte aus deiner Sicht so wichtig für die Gesellschaft? Wie wollt ihr diese in Zukunft mitgestalten, auch über die Pandemie hinaus?

Offene soziale Innovation ist Ausdruck von gesellschaftlicher Partizipation, denn ein freier und demokratischer Staat ist auf die aktive Mitwirkung der Bevölkerung angewiesen. Speziell im Bereich der digitalen Transformation und der Frage »Wie kann hier Innovation gelingen?« ist der Modus offen-sozial richtungsweisend. Dazu gehört: Das Problem bleibt im Vordergrund, die Arbeit füreinander und miteinander, weniger der individuelle Profit, sondern das gemeinsame Entwickeln von Lösungen dient als Handlungsgrundlage. So ergeben sich neue Perspektiven und Ansätze, die in schnellerer Entwicklung umsetzbar werden.

Gemeinsam mit anderen Projekten aus dem Hackathon haben wir uns deshalb zum »Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit« zusammengeschlossen. Seite and Seite mit der Björn Steiger Stiftung und zusammen mit der Initiative CIO Corporate Citizenship wollen wir die Schlagkraft offener sozialer Innovation unter Beweis stellen. Dass dabei Informationen frei geteilt werden, ist einer der Wesenszüge, die hoffentlich über die Pandemie hinaus Wirkung zeigen. Auch in Bezug auf LabHive: Engpässe in Laboren kann es immer geben, ein Netzwerk für die gezielte gemeinsame Ressourcenverteilung bleibt bestehen.

Kontaktiere Johannes Richers auf LinkedIn.

Grafiken: Dr. Johannes Richers, LabHive GbR

Das Interview führten Anna Dotzek und Stefanie Schwerdtfeger.