Nachfrage seitens Unternehmen und Organisationen steigt
Diese positiven Zahlen sind für Design Thinking-Experten durchaus nachvollziehbar: In den vergangenen zehn Jahren wurde Design Thinking als innovativer Lösungsansatz immer stärker nachgefragt, nicht nur von Institutionen mit klarem Bezug zu Design als Form der Gestaltung. "Etwa die Hälfte der größten Unternehmen Deutschlands praktiziert mittlerweile Design Thinking in irgendeiner Art", so Dr. Timm Krohn, Prokurist am HPI und Geschäftsführer der HPI Academy, einer Weiterbildungseinrichtung des Instituts. Das Konzept sei dabei, Organisationen aller Größen und Branchen zu erobern. Dabei steige die Zahl der Interessenten in Unternehmen von Jahr zu Jahr kontinuierlich. "Mittlerweile übersteigt die Nachfrage nach Kursen für Professionals schon unsere Kapazitäten", ergänzte Krohn.
Design Thinking kommt in allen Bereichen zum Einsatz
Überraschend war für die HPI-Forscher, dass Design Thinking nicht primär für die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen eingesetzt wird, sondern für die Verbesserung interner Prozesse und Services. Für Prof. Uli Weinberg als einer der beiden Leiter der HPI School of Design Thinking ist es deshalb entscheidend, Design Thinking als ganzheitliches Konzept zu begreifen: "Nicht nur der Kunde, sondern auch die internen Abläufe sollen besser verstanden werden. Der Grundgedanke ist, dass im Innovationsprozess alle unternehmerischen Faktoren zusammenwirken".
Laut Studie kommt Design Thinking im Firmenalltag außer bei der Entwicklung von Produkten und Services auch zum Einsatz, um den Wissenstransfer und Kollaborationen zu erleichtern und das Bild von der eigenen Kundschaft zu schärfen. Am Ende des Design Thinking-Prozesses stehen etwa neue Geschäftsmodelle, kreative Produkte, nutzerfreundlichere digitale Anwendungen oder auch innovative Softwaresysteme. Die Ergebnisse reichen von der intuitiven Carsharing-Plattform über ergonomische medizinische Geräte bis hin zur leicht verständlichen Eishockey-Statistik. Zu Nutzern des Design Thinking gehören nach Angaben des HPI beispielsweise Airbnb, BMW, DekaBank, DHL, Freeletics sowie SAP.
Management ist entscheidender Erfolgsfaktor
Die HPI-Studie zeigte auch, dass unter den Befragten große Unterschiede bei der Einordnung von Design Thinking bestehen. Einige definieren es als zielgenaues Werkzeug, andere als Methodik. SAP-Mitgründer und HPI-Stifter Hasso Plattner war schon vor zehn Jahren an der Gründung der d.school in Stanford beteiligt und ist überzeugt, dass "das Potenzial von Design Thinking nur dann voll ausgeschöpft werden kann, wenn man es ganzheitlich und als unternehmerische Haltung in die organisatorischen Strukturen seines Unternehmens integriert". Die Mehrheit der befragten Organisationen (72 Prozent) positioniert Design Thinking allerdings auf eher traditionelle Art und Weise - in isolierten Bereichen wie Marketing- oder Forschungsabteilungen.
Knapp ein Zehntel der Befragten gab an, Design Thinking in der eigenen Organisation wieder aufgegeben zu haben. Zu den wichtigsten Gründen gehörte, dass eine strukturelle Einbettung nicht erfolgt sei und die Unterstützung des Managements gefehlt habe. "Ein Mangel an Zeit, angemessenen Räumlichkeiten und finanziellen Ressourcen machen eine produktive Umsetzung des Konzepts dann schwierig", berichtet Koautorin Eva Köppen.
Ergänzend zur Studie haben die HPI-Wissenschaftler die Website www.thisisdesignthinking.net gestartet. Dort werden in einzelnen Fallbeispielen die individuellen Strategien aufgezeigt, mit denen sich Unternehmen und öffentliche Institutionen Design Thinking aneignen. Ziel der Plattform ist laut HPI-Forscher Holger Rhinow "der immer größer werdenden Design Thinking Community einen konstruktiven und übersichtlichen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen. Dabei sind Misserfolge mindestens genauso wichtig wie Erfolgsgeschichten".